„Zur Entstehung von Vorurteilen und Feindbildern Teil 1“

Feind­bil­der hat es in der His­to­rie schon immer gege­ben, sie sind auch gegen­wär­tig vor­zu­fin­den und wer­den das auch immer blei­ben – aller­dings ver­bun­den mit einem Wech­sel der Inhal­te. Die­ser Wech­sel der Inhal­te eines Feind­bil­des, bzw. die Fra­ge, wor­auf sich ein Feind­bild bezieht, oder die Fra­ge, wie­so ganz bestimm­te Adres­sen (Objek­te, Grup­pen) für die Ent­ste­hung von Feind­bil­dern „bevor­zugt“ her­an­ge­zo­gen wer­den, soll die­ser Bei­trag etwas genau­er untersuchen.

Meis­tens wer­den zur Beant­wor­tung der Fra­ge, wie sich ein Feind­bild ent­wi­ckelt, reli­giö­se, gesell­schaft­li­che, kul­tu­rel­le oder öko­no­mi­sche Fak­to­ren her­an­ge­zo­gen. So fin­det man unter dem Stich­wort „Anti­se­mi­tis­mus­for­schung“ bei Wiki­pe­dia eine äußerst kom­ple­xe Ansamm­lung ver­schie­de­ner Theo­rien und Erklä­rungs­an­sät­ze, die sich über Mar­xis­ti­sche Ideo­lo­gie­kri­tik, Kri­ti­sche Theo­rie, Grup­pen­so­zio­lo­gie bis hin zu Reli­gi­ons- und Kul­tur­ge­schicht­li­chen Stu­di­en bewe­gen. Für die­sen Bei­trag ist dabei inter­es­sant, dass eine in der Öffent­lich­keit weni­ger bekann­te psy­cho­ana­ly­tisch-sozio­lo­gi­sche Theo­rie, die den Begriff der „Pro­jek­ti­ven Iden­ti­fi­zie­rung“ als Erklä­rung für die Ent­ste­hung von Feind­bil­dern ins Feld führt, nicht in der Samm­lung ver­tre­ten ist. Dies möch­te ich hier­mit ger­ne nach­ho­len bzw. ergän­zen. Dabei gehe ich davon aus, dass sich der fol­gen­de Erklä­rungs­an­satz all­ge­mein für das Ver­ständ­nis von Feind­bil­dern eig­net – also nicht nur für das Phä­no­men des „Anti­se­mi­tis­mus“. Vor die­sem Hin­ter­grund wer­de ich dann in einem fol­gen­den Bei­trag die Fra­ge stel­len, ob sich nicht der „Hete­ro-Mann“ im All­ge­mei­nen gegen­wär­tig mehr und mehr mit einem Feind­bild verbindet.

Zunächst ein­mal ist fest­zu­hal­ten, dass sich Feind­bil­der auf der Basis von Vor­ur­tei­len ent­wi­ckeln. Vor­ur­tei­le wie­der­um ent­ste­hen dadurch, dass ein Lern­pro­zess im Indi­vi­du­um in Gang gesetzt wird, in dem er über das Prin­zip des Nach­ah­mens lernt, bestimm­te Inhal­te (eben: Vor-Urtei­le) zu über­neh­men. Wich­tig ist hier­bei ist zu ver­ste­hen, dass es sich tat­säch­lich um einen Lern­pro­zess han­delt. Das was als Vor­ur­teil im Indi­vi­du­um „vor­han­den“ ist, war also ursprüng­lich ein äuße­rer Inhalt, der wei­ter­ge­ge­ben wur­de. Wir haben es hier also auch mit einer Infor­ma­ti­ons­wei­ter­ga­be zu tun. Die­se Infor­ma­ti­on wird beim Nach­ah­mungs­pro­zeß nicht wei­ter hin­ter­fragt; viel­mehr wird die Über­nah­me der Infor­ma­ti­on gera­de duch das Nicht-Hin­ter­fra­gen noch zusätz­lich ver­stärkt. Dies geschieht u.a. dadurch, dass die Per­son, die die Infor­ma­ti­on auf­nimmt, ent­we­der direkt oder indi­rekt „belohnt“ wird, so z.B. durch Auf­nah­me in eine bestimm­te gesell­schaft­li­che Grup­pe, die wie­der­um für die Per­son wich­tig ist, der er also anzu­ge­hö­ren anstrebt. Dies erklärt auch das Phä­no­men der Grup­pen­bil­dung rund um ein Vor­ur­teil herum.

Das bis jetzt Aus­ge­führ­te erklärt zunächst die sozio­lo­gi­schen bzw. gesell­schaft­lich-kul­tu­rel­len Mecha­nis­men bei der Ent­ste­hung von Feind­bil­dern. Was fehlt, ist die Beschrei­bung der inner­psy­chi­schen Vor­gän­ge im Indi­vi­du­um, die es erst für die Annah­me (vor allem: die nicht in Fra­ge gestell­te Annah­me!) von Vor­ur­tei­len und schließ­lich der Her­aus­bil­dung von Feind­bil­dern emp­fäng­lich macht. Hier wird jetzt der Begriff der „Pro­jek­ti­ven Iden­ti­fi­zie­rung“ ins Spiel gebracht. Dazu mehr in Teil 2. 

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