Im Laufe einer Depression entwickelt sich bei vielen ein sozialer Rückzug, der über kurz oder lang zu einer Isolation bzw.. Isoliertheit des Individuums führt. Diese äußere Isoliertheit geht einher mit einem inneren Gefühl von Verlassensein, Niedergeschlagenheit und einem Gefühl der Unverbundenheit. Die Kommunikation mit anderen ist gestört; man entwickelt möglicherweise Schuld- und Schamgefühle, die wiederum die Tendenz verstärken, Kontakte zu vermeiden. Das Ganze ist ein Teufelskreis, der sich irgendwann verselbständigt, und aus dem das Individuum kaum oder gar nicht auszubrechen vermag.
Die obige Beschreibung dieses Phänomens der Isoliertheit zeigt uns aber auch den Weg zu einem Lösungsweg auf. Das Defizit, das sich beim Betroffenen entwickelt, kann aufgefangen und der Prozeß umgekehrt werden, wenn wir uns konsequent mit dem Gegenteil des Phänomens beschäftigen, also mit der Verbundenheit. Auch hier müssen wir dann zwischen einer äußeren und einer inneren Verbundenheit unterscheiden: einmal geht es darum, gezielt Kontakte und Gemeinschaft zu fördern, zum anderen muss durch gezielte Übungen daran gearbeitet werden, einen inneren Raum zu erschaffen, in dem Gedanken und Gefühle von Verbundenheit Platz haben und sich entwickeln können. Ich empfehle dazu folgende Übungen:
Sozialer Rückzug vs. Äußere Verbundenheit
Fixieren Sie schriftlich einen Plan für den Tages- und Wochenablauf. Teilen Sie dabei den Tag in einzelne Abschnitte ein und füllen Sie einige davon mit solchen konkreten Handlungsanweisungen, die mit sozialen Kontakten zu tun haben (z.B. Freunde, Bekannte oder Kollegen treffen, Spaziergänge machen und sich unter Menschen begeben, Veranstaltungen besuchen, sportliche Gruppenaktivitäten, andere Gruppenaktivitäten etc..). Entwickeln Sie dazu auch ein Belohnungssystem. Hierzu brauchen Sie wiederum eine Liste von Dingen oder Tätigkeiten, die sich auch wirklich für eine Belohnung eignen. Dies können Dinge sein, die Sie in der Vergangenheit gerne gemacht haben (z.B. Lieblingsgerichte, bestimmte Musik etc..). Diese Belohnungen setzen Sie zusätzlich gezielt ein, wenn Ihnen die Ausführung einer der obigen Aktivitäten gelungen ist.
Das größte Problem bei der Umsetzung dieser Übung ist die Krankheit selbst. Denn ein sozialer Rückzug zwingt den Betroffenen oft in eine immer stärker werdende Passivität hinein (nicht aufstehen wollen, sich gehen lassen etc.). Deswegen kann es nützlich sein, sich für die Umsetzung Unterstützung zu holen, z.B. in einer Gesprächsgruppe oder in einer Therapie, die Sie in der Durchführung dieses selbstgewählten Programmes begleitet.
Sozialer Rückzug vs. Innere Verbundenheit
Ein Gefühl innerer Verbundenheit kann durch Achtsamkeitsübungen, Meditation oder Gedankenkontrolle gestärkt werden. Dabei handelt es sich um ein mentales Training, das mit Hilfe von Übungen in der Vorstellung durchgeführt wird. Nehmen Sie jetzt als Ausgangspunkt für diese Übung unsere Grundübung gegen Depression ein. Zum Beobachten des Atemvorganges kommen jetzt bestimmte Vorstellungsinhalte hinzu:
Stellen Sie sich bitte ein Ereignis vor, wo Sie sich mit einem anderen Menschen sehr wohl und angenommen gefühlt haben. Versuchen Sie, Ihre Erinnerung so lebendig wie möglich zu machen. In der Vorstellung versuchen Sie nun, den Blick Ihres Gegenübers wahrzunehmen; spüren Sie den Blick, der mit Interesse auf Ihnen ruht. Es ist ein anerkennender, liebevoller Blick. Nehmen Sie jetzt die Position eines neutralen Beobachters ein, der Sie und Ihr Gegenüber von Außen betrachtet. Es ist eine Szene, wo sich ein Kontakt zwischen zwei Menschen abspielt, der von Interesse und Wärme geprägt ist. Bleiben Sie eine Weile in dieser Position, um dann langsam wieder in die Realität zurückzukehren.
Möglicherweise gelingt Ihnen diese Übung nicht sofort; es kann auch sein, dass Ihnen niemand einfällt, von dem Sie schon einmal so angeschaut wurden. Es kann auch sein, dass Sie sich zunächst an etwas Negatives erinnern. In all diesen Fällen versuchen Sie trotzdem ruhig weiter zu atmen und Ihr inneres Bild einfach wahrzunehmen, ohne es zu bewerten. Sie können bei dieser Übung nichts „falsch“ machen. Versuchen Sie dann, ein positives inneres Bild in der Phantasie herzustellen, ohne dass es mit einer konkreten Person aus Ihrer eigenen Vergangenheit oder Gegenwart verknüpft sein muss. Sie können z.B. eine Gestalt aus einem Märchen, einem Buch oder einem Film zur Hilfe nehmen; es kommt also nicht darauf an, dass diese Person „echt“ ist. Es reicht, wenn Sie sich in Ihrer Phantasie einen liebevollen Kontakt vorstellen, indem Sie ihn erfinden bzw. konstruieren.
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