„Zur Psychologie des Selbst: Zwei Selbstkonzepte: Das erinnernde und das erlebende Selbst“

5 Praktische Tipps zur Unterscheidung der zwei Selbstkonzepte

Psychologie des Selbst - Träume und Realität

Dani­el Kah­ne­mann ist ein renom­mier­ter Psy­cho­lo­ge und Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler, der 2002 den Nobel­preis für Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten erhielt. Vor dem Hin­ter­grund der Psy­cho­lo­gie des Selbst bzw. Selbst­kon­zep­tes ist er bekannt für sei­ne Arbeit in der Ent­schei­dungs­theo­rie und der Ver­hal­tens­öko­no­mik und hat einen bedeu­ten­den Bei­trag zur Ent­wick­lung des Ver­ständ­nis­ses mensch­li­cher Ent­schei­dungs­pro­zes­se geleis­tet. In sei­nem Buch „Thin­king, Fast and Slow“ führt Kah­ne­mann eine Theo­rie ein, die sich auf das Vor­han­den­sein von zwei ver­schie­de­nen Selbst­kon­zep­ten im mensch­li­chen Geist kon­zen­triert: ein erin­nern­des und ein erle­ben­des Selbst.

Die Theo­rie der Psy­cho­lo­gie des Selbst über zwei ver­schie­de­ne Selbst­kon­zep­te – das erin­nern­de vs. das erle­ben­de Selbst – wur­de ursprüng­lich von dem ame­ri­ka­ni­schen Psy­cho­lo­gen Robert Orn­stein ent­wi­ckelt und in sei­nem Buch „The Psy­cho­lo­gy of Con­scious­ness“ beschrie­ben. Dar­auf sei an die­ser Stel­le hingewiesen.

In einer Her­an­ge­hens­wei­se der Psy­cho­lo­gie des Selbst bezieht sich das erin­nern­de Selbst auf die Art und Wei­se, wie Men­schen ihre Erin­ne­run­gen an ver­gan­ge­ne Ereig­nis­se und Erfah­run­gen kon­stru­ie­ren und spei­chern. Es ist die Art und Wei­se, wie Men­schen ihre Erin­ne­run­gen an ihre Ver­gan­gen­heit „erle­ben“, wenn sie sich an sie erin­nern. Das erin­nern­de Selbst ist sehr anfäl­lig für Ver­zer­run­gen und Irr­tü­mer, da es auf einer Viel­zahl von Fak­to­ren beruht, die die Wahr­neh­mung und Inter­pre­ta­ti­on der Ereig­nis­se beein­flus­sen kön­nen. Dazu gehö­ren Emo­tio­nen, Stim­mun­gen, Erwar­tun­gen und die Fähig­keit, Geschich­ten zu kon­stru­ie­ren und zu interpretieren.

In der Psy­cho­lo­gie des Selbst bezieht sich das erle­ben­de Selbst auf die Art und Wei­se, wie Men­schen ihre Erfah­run­gen und Ereig­nis­se in der Gegen­wart tat­säch­lich erle­ben. Es ist das unmit­tel­ba­re und direk­te Erle­ben von Ereig­nis­sen, Emo­tio­nen und Emp­fin­dun­gen. Im Gegen­satz zum erin­nern­den Selbst ist das erle­ben­de Selbst nicht anfäl­lig für Ver­zer­run­gen oder Irr­tü­mer, da es unmit­tel­bar und direkt ist.

Kah­ne­mann stellt die Theo­rie auf, dass das erin­nern­de Selbst und das erle­ben­de Selbst unter­schied­li­che Zie­le und Prio­ri­tä­ten haben. Das erin­nern­de Selbst hat als Ziel die Schaf­fung von kohä­ren­ten und sinn­vol­len Geschich­ten über die Ver­gan­gen­heit, um ein Ver­ständ­nis und eine Bedeu­tung der Erfah­run­gen zu schaf­fen. Das erle­ben­de Selbst hat als Ziel das unmit­tel­ba­re Glück und Wohl­be­fin­den in der Gegen­wart zu maximieren.

Die­se unter­schied­li­chen Zie­le kön­nen oft in Kon­flikt gera­ten. Zum Bei­spiel kön­nen Men­schen ein Ereig­nis erle­ben, das im Moment schmerz­haft oder unan­ge­nehm ist, aber spä­ter als posi­tiv oder lehr­reich im erin­nern­den Selbst bewer­tet wird. Auf der ande­ren Sei­te kön­nen Men­schen auch Ereig­nis­se erle­ben, die im Moment ange­nehm sind, aber spä­ter im erin­nern­den Selbst als nega­tiv bewer­tet wer­den. Inso­fern sind die bei­den Selbst­kon­zep­te in der Psy­cho­lo­gie des Selbst von Natur aus ambivalent.

Kah­ne­mann argu­men­tiert, dass Men­schen oft Ent­schei­dun­gen tref­fen, die auf ihren Erin­ne­run­gen und Bewer­tun­gen der Ver­gan­gen­heit basie­ren, anstatt auf den tat­säch­li­chen Erfah­run­gen und Emp­fin­dun­gen in der Gegen­wart. Dies führt oft zu Ent­schei­dun­gen, die nicht not­wen­di­ger­wei­se zu einem maxi­ma­len Wohl­be­fin­den oder Glück füh­ren. Zum Bei­spiel kann eine Per­son eine Ent­schei­dung tref­fen, die ihr im Moment Freu­de berei­tet, aber spä­ter im erin­nern­den Selbst zu Bedau­ern führt.

Kah­ne­mann schließt des­we­gen dar­auf, dass die Fähig­keit, zwi­schen dem erle­ben­den und dem erin­nern­den Selbst zu unter­schei­den, sehr wich­tig ist. Wie kann man nun die­se Fähig­keit für sich weiterentwickeln?

Möglichkeiten, wie man lernen kann, zwischen dem erlebenden und dem erinnernden Selbst zu unterscheiden:

  1. Ach­te auf dei­ne Gedan­ken und Emo­tio­nen im Moment: Das erle­ben­de Selbst ist der Teil von uns, der das aktu­el­le Erle­ben von Moment zu Moment beur­teilt. Indem du dir bewusst wirst, wie du dich im Moment fühlst und was du denkst, kannst du dich bes­ser auf dein erle­ben­des Selbst konzentrieren.
  2. Prak­ti­zie­re Acht­sam­keit: Acht­sam­keit ist eine Pra­xis, die dir hilft, dich auf den gegen­wär­ti­gen Moment zu kon­zen­trie­ren und dei­ne Auf­merk­sam­keit auf dei­ne Gedan­ken, Emo­tio­nen und Kör­per­emp­fin­dun­gen zu len­ken. Indem du acht­sam bist, kannst du dein erle­ben­des Selbst bes­ser wahr­neh­men und verstehen.
  3. Reflek­tie­re über ver­gan­ge­ne Erfah­run­gen: Das erin­nern­de Selbst beein­flusst oft unse­re Bewer­tun­gen von Erfah­run­gen. Indem du über ver­gan­ge­ne Erfah­run­gen reflek­tierst und dich fragst, wie du dich an sie erin­nerst und war­um du sie auf die­se Wei­se bewer­test, kannst du dein erin­nern­des Selbst bes­ser verstehen.
  4. Ver­mei­de vor­ei­li­ge Urtei­le: Wir nei­gen oft dazu, uns auf unser erin­nern­des Selbst zu ver­las­sen, um schnel­le Urtei­le zu fäl­len. Indem du dir Zeit nimmst, um eine Situa­ti­on gründ­lich zu betrach­ten, bevor du eine Ent­schei­dung triffst, kannst du sicher­stel­len, dass du dich auf dein erle­ben­des Selbst kon­zen­trierst und eine bes­se­re Ent­schei­dung triffst.
  5. Bewusst­sein für kogni­ti­ve Ver­zer­run­gen: Das erin­nern­de Selbst kann durch kogni­ti­ve Ver­zer­run­gen beein­flusst wer­den, die uns dazu brin­gen, bestimm­te Infor­ma­tio­nen zu prio­ri­sie­ren oder falsch zu bewer­ten. Indem du dir die­ser Ver­zer­run­gen bewusst bist, kannst du dein erin­nern­des Selbst bes­ser ver­ste­hen und sei­ne Aus­wir­kun­gen auf dei­ne Ent­schei­dun­gen minimieren.

Durch die Unter­schei­dung zwi­schen dem erle­ben­den und dem erin­nern­den Selbst kön­nen wir bes­ser ver­ste­hen, wie unse­re Erfah­run­gen und Erin­ne­run­gen unse­re Ent­schei­dun­gen beein­flus­sen. Indem wir uns bewuss­ter auf unser erle­ben­des Selbst kon­zen­trie­ren und die Ein­flüs­se unse­res erin­nern­den Selbst ver­ste­hen, kön­nen wir bes­ser auf unse­re Bedürf­nis­se und Zie­le ein­ge­hen und lang­fris­tig glück­li­cher und zufrie­de­ner sein.

Lesen Sie hier mehr zum The­ma Carl Gus­tav Jung und das Unbewusste“

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