Kommen wir zum Vierten Lehrsatz in unserer Reihe „Hilfe zur Selbsthilfe nach Spinoza“. Hier wird noch einmal festgestellt, dass sowohl die „Körpererregungen“ – in der Wissenschaft sprechen wir heute auch von psychophysiologischen Emotionsmustern – als auch die Affekte und die damit verknüpften Gedanken ein und demselben Prinzip unterliegen und man somit das eine nicht erwähnen kann ohne auf das andere hinzuweisen. Unterschiedliche Emotionen sind also immer auch mit bestimmten Körperwahrnehmungen verknüpft.
Vierter Lehrsatz
Es gibt keine Körpererregung, von der wir nicht einen klaren und deutlichen Begriff bilden können.
Um dies alltagstauglich zu nutzen, erinnern wir uns wieder daran, dass bei der Wahrnehmung solcher „Muster“ unterschieden werden muss, ob diese „adäquat“ (wie Spinoza sagt“) oder „inadäquat“ sind. In der Kognitiven Verhaltenstherapie benutzen wir eher die Begriffe „angemessen“ und „unangemessen“. Immer aber geht es dabei um einen aktiven Erkenntnisprozess: wir nehmen wahr, wir beobachten, wir analysieren und schließlich schlussfolgern wir, um zu einer angemessenen Idee über das Beobachtete zu gelangen. Dies gilt eben auch für die hier besprochenen Körperwahrnehmungen. So ist z.B. eine Anspannung, die wir im Körper spüren, immer auch mit einer Emotion verbunden – über die wir uns aber möglicherweise nicht bewusst sind. Es kann sich z.B. um ein Gefühl der Unlust handeln, die dann wiederum mit Ärger darüber verknüpft ist, dass von uns etwas erwartet wird, worauf wir keine eindeutige Antwort parat haben: Sollen wir die Erwartung erfüllen oder nicht? Was will der Andere wirklich von mir? Bin ich bereit, auf eigene Bedürfnisse zu verzichten? etc. etc. Erst wenn wir uns Rechenschaft darüber abgelegt haben, können wir die angemessene Idee, die in dieser Situation für uns die richtige ist, herausbilden. Aus der anfänglichen „einfachen“ Körpererregung ist also eine insofern „vernünftige“ Einsicht entstanden, als diese einem Kontakt zwischen mir und der Umwelt am ehesten gerecht wird. Dazu gehört immer auch, die „fremden“ Erwartungen mit meinen eigenen Erwartungen zu vergleichen und die Diskrepanz zwischen beiden angemessen zu bewerten. Dieser ganze Prozess kann allein durch das Beobachten einer Körpererregung in Gang gesetzt werden.
Übung
Da die Wahrnehmung von Körpererregungen vielfach auch den Bereich der psychosomatischen Erkrankungen bzw. Störungen betrifft, finden Sie hier eine entsprechende Übung.