Es gibt ein schönes Forschungsergebnis im Zusammenhang mit Kreativität, Erfolg und Überschreitung von Verkehrsregeln (leider habe ich die Quellenangabe nicht mehr parat). Untersucht wurde, inwieweit das Überschreiten von Regeln bei Taxifahrern innerhalb eines gewissen Rahmens zu einem Vorsprung gegenüber denjenigen führen kann, die sich immer strikt an die Regeln halten. Wahrscheinlich würden wir vom Alltagsverständnis her auch sofort annehmen, dass dies tatsächlich oft der Fall sein könnte: man darf sich eben nur nicht erwischen lassen. Dies wurde genauso in der angesprochenen Studie validiert: die Taxifahrer, die „kreativ“ schneller ans Ziel kommen, indem sie ab und an kleine Regelverletzungen begehen und sich nicht erwischen lassen, fahren eine höhere Kasse ein als die „braven“ Kollegen.
Natürlich kann man nun mit der Moralkeule kommen und empört reagieren. Das sei an dieser Stelle jedem selbst überlassen, und recht hat er ja auch. Aber hier geht es nicht um die Moralschiene. Sondern um die Frage, wie wir es denn nun mit der Befolgung von Regeln halten.
Mit einer Regel wird ja gleichzeitig auch eine Grenze (konkret oder symbolisch) definiert. Bis hierher und nicht weiter. Der Regelbruch ist also gleichzeitig eine Grenzüberschreitung. Außerdem befinden wir uns auf einer Polaritätsschiene, die durch die beiden Pole „Chaos“ und „Ordnung“ gekennzeichnet ist. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch des öfteren vom „kreativen Chaos“. Kreatives Chaos entsteht, wenn Regeln in Frage gestellt oder durchbrochen werden. Über diesen Weg finden wir dann wieder zu einer neuen Ordnung zurück. Im Idealfall wechseln sich diese Prozesse untereinander ab und können zu einer erwünschten Entwicklung im Gegensatz zum unerwünschten Stillstand beitragen.
Dieser Prozess wurde nun während der Corona-Krise zum Stillstand gebracht bzw. ausgehebelt und zwar dadurch, dass Regelsetzungen einseitig als etwas Positives und Regelüberschreitungen als etwas Negatives gedeutet wurden. Im Gegenteil wurden sogar Regelüberschreitungen unter Strafe gestellt, während die Beibehaltung von Regeln positiv verstärkt wurde. Natürlich werden an dieser Stelle sofort und mit Macht diejenigen, die diese einseitige Regelsetzung befürworten, einwenden, dass dies doch durch die Einmaligkeit der Situation (Virusausbruch und Gefährdung von Menschenleben) unbedingt notwendig sei. Das mag auch tatsächlich bis zu einem gewissen Grad berechtigt sein. Es macht keinen Sinn, einen Standpunkt zu vertreten, der solche Vorsichtsmaßnahmen komplett leugnen würde (so wie es ja tatsächlich bestimmte Gruppierungen in der Gesellschaft vertreten).
Was man aber nicht wahrnehmen will, ist ein sich mehr und mehr selbst verstärkender Prozess, der dazu führt, dass die Regeleinführung zu einer umfassenden Kontrolle wird. Es ist gleichsam so, als ob der gegenüberliegende Pol – den wir als „kreatives Chaos“ benannt haben – immer mehr in den Hintergrund gedrängt wird zugunsten einer völlig einseitigen Überbewertung des Kontrollprinzips. Dies hat enorme Auswirkungen auf die Psyche und das Verhalten der Menschen. Es wird eine Situation von Hilflosigkeit bei gleichzeitiger Frustration ins Leben gerufen, ähnlich wie in einer Diktatur.
Gleichzeitig sind diese Gefühle überlagert von Schuldgefühlen, da der gesunde Prozess der Regelverletzungen nicht mehr möglich erscheint, weil er die Bedeutung erlangt, dass damit „alte und kranke Menschen“ dem Tode geweiht werden. Selbst der mögliche Kompromiss, von den Risikogruppen ein erhöhtes Opfer zu verlangen zugunsten der jüngeren und mittleren Generation (oder den 150 Millionen zusätzlichen Kindern, die in extremer Armut gelandet sind) ist politisch, gesellschaftlich und moralisch nicht „korrekt“ und muss unterdrückt werden. Das Resultat dieser Entwicklung im Inneren und Äußeren ist eine exponentiell zunehmende Aggression und Unlust, die aber als solche nicht erkannt bzw. reflektiert werden.
Dies geschieht durch einen weiteren Mechanismus: der Machtentfaltung (mehr Kontrolle heißt eben auch: mehr Macht), der dadurch gekennzeichnet ist, dass sich die Kontrollmechanismen auf andere gesellschaftliche Bereiche verlagern. So werden z.B. unter dem Stichwort „Digitalisierung“ immer mehr Ressourcen in Bereiche investiert, die der Datenkontrolle dienen. Alle möglichen neuen Apps werden entwickelt; zunehmend werden sensitive Daten ins Internet verlagert (dazu zählt z. B. die im kommenden Jahr eingeführte elektronische Gesundheitskarte); der Geldfluss wird mehr kontrolliert, dadurch dass auch Kleinbeträge online abgewickelt werden; in der Gastronomie gesammelte private Daten werden den Polizeibehörden zur Verfügung gestellt und gespeichert, etc. etc.
Sozusagen unter dem Deckmäntelchen der Corona-Bekämpfung springen immer mehr „Interessenten“ auf den fahrenden Kontrollzug, um eigenen Profit daraus zu schlagen. Das kreative Chaos, das wir Menschen so unbedingt für eine freie Entwicklung brauchen, wird abgeschafft (durch Entwertung und Bestrafung) zugunsten eines vordergründig notwendigen Kontrollapparates, der aber in Wirklichkeit nur der Manipulation der Massen (und das sind heute immer noch: die Konsumenten) dient.
Für diesen Prozess irgendwelche Verschwörungstheorien heranzuziehen, ist naiv. Denn alles was passiert, passiert direkt vor unseren Augen. Sehenden Auges werden wir zu Lemmingen und Schafen gemacht.
P.S. Ich werde diese Interpretation der Geschehnisse revidieren, wenn nach dem Ausklingen der Pandemie alle bis dahin eingeführten Kontrollmechanismen komplett zurückgezogen werden sollten und zwar weltweit.
Vielen Dank für Ihre Zeilen. Aber glauben Sie , dass die Kontrollmechanismen zurückgefahren werden, wenn, ja wenn was eintreten sollte-die Viren bleiben, so wie andere Viren auch, neu ist, dass die „ELITEN“ erneut für sich entdeckt haben, wie man ein ganzens Volk in die Kniee zwingen kann- so wie die Nazis es auch konnten. Wie soll ich das verstehen, wenn ein Herr Steinmeier flötet–lang bevor die Kacke am dampfen war–Zitat Steimeier: es wirde nicht mehr so sein wie vor der „Pandemie“.
Kollegiale Grüsse Dr. Norbert Cadario